Nach einem Verkehrsunfall stellt sich für den Geschädigten die Frage, ob er seinen Schaden fiktiv (auf Grundlage eines Kostenvoranschlags oder eines Gutachtens) oder aber konkret (aufgrund von Rechnungen über die durchgeführte Reparatur) beziffert und abrechnet.
Der Unterschied liegt zunächst in der Erstattungsfähigkeit der Mehrwertsteuer. In § 249 II 2 BGB ist bestimmt, dass die Mehrwertsteuer bei der Beschädigung von Sachen nur verlangt werden kann, wenn sie tatsächlich angefallen ist, also eine mehrwertsteuerpflichtige Reparatur tatsächlich ausgeführt wurde.
Nach gefestigter Rechtsprechung hat der Geschädigte das Recht, sowohl bei fiktiver, als auch bei konkreter Schadenabrechnung die Reparaturpreise einer Markenwerkstatt zugrunde zu legen. Bei fiktiver Schadenberechnung darf der Schädiger (oder dessen KFZ-Haftpflichtversicherer) aber auf die Schadenminderungspflicht gemäß § 254 II BGB und die preiswertere Reparaturmöglichkeit bei einer freien Werkstatt verweisen, mithin also die Reparaturkosten kürzen. Bei einer solchen Kürzung muss der Schädiger notfalls nachweisen, dass die freie Werkstatt eine qualitativ gleichwertige Reparatur bieten würde (vgl. BGH VersR 2010, 225). Außerdem muss der Schädiger schon im Vorfeld hinreichend genaue Angaben zu Lage/Entfernung, Verwendung von Original-Ersatzteilen und Erfahrung der freien Werkstatt machen, der Vorlage eines konkreten annahmefähigen Angebots der freien Werkstatt bedarf es allerdings nicht (vgl. OLG Düsseldorf NJW 2012, 2044).
Das AG Berlin-Mitte sieht dies etwas anders und hat rechtskräftig geurteilt, die Verweisung auf eine preiswertere Reparatursätze in einer freien Werkstatt stelle ebenfalls nur eine fiktive Schadenberechnung dar. Der Geschädigte und nicht der Schädiger habe aber nach § 249 II 2 BGB die alleinige Herrschaft zum Ob und Wie der Schadenbeseitigung. Den Geschädigten auf eine preiswertere Reparatur zu verweisen, bedeute nichts anderes, als ihm diese Verfügungsbefugnis zu nehmen. Daher dürften die Reparaturkosten nicht auf die Sätze einer freien Werkstatt gekürzt werden, selbst wenn eine Vergleichbarkeit der Reparaturmöglichkeiten tatsächlich existiere (vgl. AG Berlin-Mitte, Urteil vom 28.08.2012 Az. 111 C 3172/10). Dies hört sich schlüssig an, dürfte aber wohl (vorerst?) eine Einzelentscheidung sein.