Stefan Wolter Rechtsanwalt

Verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch (§ 906 II 2 BGB)

Mit einem bislang noch nicht veröffentlichten Urteil vom 25.10.2013 Az. V ZR 230/12 [*] hat der BGH sein Hadern offenbar endgültig aufgegeben und höchstrichterlich entschieden, dass ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 II 2 BGB auch innerhalb einer Wohnungseigentumsanlage geltend gemacht werden könne und zwar selbst durch die Mieter der betroffenen Nutzungseinheiten. In einem sogenannten Ärztehaus war nachts in einer Arztpraxis im 3. OG eine Schlauchverbindung in einem Sterilisationsraum abgeplatzt und Wasser bis in die darunter befindliche andere Arztpraxis gelaufen, wo es zu erheblichen Schadenkosten an der Einrichtung und durch Betriebsunterbrechung kam. Wie der BGH deutlich machte, handele es sich bei Sondereigentum innerhalb einer Wohnungseigentumsanlage um „echtes Eigentum“ und es liege auch eine Einwirkung „von außen“ vor. Diese Situation unterscheide sich von einer lediglich „ideellen“ Beteiligung an einer Bruchteilsgemeinschaft für ein Haus oder Grundstück.

Ferner machte der BGH deutlich, dass weder die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG), noch eine etwaige Verschuldenshaftung aus § 823 BGB der analogen Anwendung von § 906 II 2 BGB entgegenstehen könnten. Zwar greife anderes als bei normalen Grundstücksnachbarn für einen Sondereigentümer kraft des gesetzlichen Schuldverhältnisses aus dem WEG die Beweislastumkehr für das Verschulden gemäß § 280 I 2 BGB (!), dies habe jedoch kein ausreichendes Gewicht, um die gebotene analoge Anwendung von § 906 II 2 BGB wieder entfallen zu lassen.

Die besagte Entscheidung des BGH dürfte für einen Regress bei Gebäudeschäden nicht viel weiter helfen, denn in solchen Fällen wäre der störende Sondereigentümer nicht Dritter im Sinne des § 86 VVG), es würden sich bestenfalls die Möglichkeiten aus § 25 Nr. 2 b VGB 88 oder den gleichlautenden Bestimmungen der neueren Bedingungswerke ergeben, was aber grobe Fahrlässigkeit erfordern würde. Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch unter Sondereigentümern oder eben auch Mietern einer Wohnungseigentumsanlage wird daher regelmäßig nur für nichtversicherte Schäden oder für versicherte Hausrat- und Inhaltsschäden Bedeutung haben.

[*] Nachtrag vom 20.02.2014: nun veröffentlicht BGH NJW 2014, 458